Transkript „Jobtalk – Folge 1: Arbeiten in der Anästhesie“

Jobtalk. Der Podcast. Berufe hautnah.

Clara:
Hallo und schön, dass ihr dabei seid bei der 1. Folge von Jobtalk. Ich bin Clara und in diesem Podcast wollen wir gemeinsam Berufe näher kennenlernen. Dafür interviewe ich jede Folge einen Gast aus einem anderen Beruf und stelle ihm eure und meine Fragen. Heute habe ich Patrick zu Gast. Patrick ist die Person, die man vor einer Operation als letztes sieht. Er ist nämlich Arzt in der Anästhesie. Ihr habt Fragen, ich hab Fragen und mit diesen werde ich ihn jetzt gleich löchern. Schön, dass du heute da bist Patrick.

Patrick:
Ja, hallo. Vielen Dank, ich freue mich auch sehr heute hier zu sein.

Clara:
Jetzt gibt es ja in der Medizin super viele verschiedene Spezialisierung und die haben ja auch gar nicht immer so einfache Namen. Kannst du uns vielleicht einmal kurz erklären, wofür die Anästhesie zuständig ist.

Patrick:
Genau, die Anästhesie ist dafür da während der Operation den Patienten die Empfindungslosigkeit und Schmerzfreiheit zu gewähren. Das geht einher damit, dass man während der Operation die Vitalfunktionen und die Beatmung überwacht und nach der Operation natürlich die Schmerztherapie einstellt. Außerdem ist es in Deutschland so, dass die Anästhesisten auch gleichzeitig immer Intensivmediziner sind, das heißt auch die Überwachung von schwerkranken Patientinnen und Patienten auf den Intensivstationen gehört da zur Tagesaufgabe.

Clara:
Wow ok, das ist ja wirklich sehr umfangreich. Wenn ich jetzt Anästhesistin werden wollen würde. Was müsste ich jetzt dafür tun?

Patrick:
Voraussetzung dafür ist ein abgeschlossenes Medizinstudium und dann kann man die Facharzt-Weiterbildung zum Facharzt oder zur Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin beginnen.

Clara:
Und so ein innerer Antrieb gehört ja bestimmt auch so dazu. So eine Überzeugung, dass ich das unbedingt machen möchte. Ab wann wusstest du denn, dass du Arzt werden willst?

Patrick:
Ich wusste das schon relativ früh, schon während der Schulzeit und das hat sich dann auch so gehalten. Und das stimmt, während des Studiums, was ja dann doch relativ lange geht, ist das schon von Vorteil, wenn man sich dafür interessiert. Das macht es definitiv ein bisschen einfacher.

Clara:
Ich wusste tatsächlich selber noch nicht so früh, was ich werden will und das geht bestimmt auch einigen genauso. Wenn ich jetzt keinen so guten Schnitt habe oder mich vielleicht auch nochmal beruflich umorientieren will, gibt es dann auch die Möglichkeiten später in die Medizin einzusteigen oder das nochmal zu studieren?

Patrick:
Die Möglichkeit gibt es auf jeden Fall, ja. Also früher war es ja sehr auf die Abiturnote fokussiert als Aufnahmekriterien fürs Studium, das wird aber heute zunehmend aufgeweicht. Also es ist von Uni zu Uni unterschiedlich, manche Universitäten führen Bewerbungsgespräche durch, die mit einfließen, es gibt mit Medizinertests, die man machen kann, die gegebenenfalls die Note verbessern oder auch ganz klassisch die Wartesemester oder eine vorangegangene Ausbildung in der Gesundheitsbranche fließen durchaus mit ein.

Clara:
Also wenn ich jetzt vorher Krankenschwester gewesen bin, dann könnte ich auch noch Medizin studieren danach?

Patrick:
Genau, an manchen Unis ist das definitiv ein Kriterium, was einem dann den Zugang erleichtert und viele machen das auch.

Clara:
Also hattet ihr auch im Studium so sehr gemischte Studiengruppen vom Alter her?

Patrick:
Definitiv, ja.

Clara:
Wie sieht denn dann so der Weg bis hin zum Arzt aus?

Patrick:
Der klassische Studiengang läuft so ab, dass man erst mal 2 Jahre den vorklinischen Studienabschnitt bestreitet. Der endet dann mit dem ersten Staatsexamen, dem Physikum, was man vielleicht auch kennt. Danach kommt dann 3 Jahre lang der klinische Studienabschnitt, der endet dann wieder mit einem Staatsexamen und dann ist man noch ein Jahr als Student oder Studentin im praktischen Jahr im Krankenhaus oder innerhalb einer niedergelassenen Praxis tätig. Das endet dann wieder mit dem dritten Staatsexamen. Es gibt aber inzwischen auch Universitäten, die den sogenannten Modellstudiengang anbieten, wo diese strikte Trennung zwischen vorklinischen und klinischen Studienabschnitt nicht mehr so streng ist, sondern die schon früh Praxiserfahrung mit einbauen. Ich habe aber den klassischen Regelstudiengang durchlaufen.

Clara:
Ok und in der Vorklinik hat man gar keine praktischen Übungen?

Patrick:
Doch, das wird schon versucht mit einzubauen, aber im Regelstudiengang ist es so, dass der vorklinische Abschnitt auch von den Grundlagenfächern beherrscht wird. Also klassischerweise Anatomie, Physiologie und Biochemie zum Beispiel.

Clara:
(lacht) Chemie, oh Gott. Okay, aber dir muss es ja sehr Spaß gemacht haben und dann ist man am Ende, hat das dritte Staatsexamen und dann entscheide ich mich für einen Fachbereich oder wie geht es dann weiter?

Patrick:
Also mit Abschluss des Studiums ist man ja auf dem Papier Arzt. Man muss jetzt aber sich nicht zwingend einen Fachbereich raussuchen und jetzt zum Beispiel in der Klinik arbeiten. Also es gibt auch Menschen, die sich gegen eine Laufbahn in der Patientenversorgung entscheiden und zum Beispiel in medizinischen Redaktionen arbeiten oder in der Forschung, also gar keine Facharztweiterbildung anstreben, aber das ist natürlich schon der meist gewählte und klassische Weg, sich dann eine Stelle zu suchen und dann eine Facharztweiterbildung anzufangen und dann ist man von der Berufsbezeichnung her Arzt in Weiterbildung oder wie man das früher genannt hat Assistenzarzt.

Clara:
Okay, ist ja auch wirklich viel, langes Studium, sehr intensiv. Hat sich für dich gelohnt?

Patrick:
Ja, mir macht das jeden Tag Spaß.

Clara:
Ja, jetzt bin ich nicht die Einzige, die Fragen hat, uns wurden auch ein paar Fragen aus der Community zugeschickt und ich würde sagen, wir starten einfach mal mit der ersten Sprachnachricht. Bist du bereit?

Patrick:
Ja, auf jeden Fall!

Sprachnachricht 1:
Hallo, ich bin Greta, ich bin 13 Jahre alt und komme aus Potsdam und mich würde interessieren, ob ein Anästhesist nur im OP arbeitet?

Patrick:
Als Narkosearzt ist der Operation schon das Haupteinsatzgebiet. Wie gesagt, die Intensivstation gehört auch dazu, die würde ich jetzt auch ein bisschen außen vor lassen. Neben dem Operationssaal gibt es aber häufig auch noch Außenstellen, wo auch Anästhesistinnen oder Anästhesisten gebraucht werden. Zum Beispiel in meinem Haus ist so, wir haben eine große Abteilung für Geburtshilfe, da ist man natürlich häufig im Kreissaal eingesetzt und bietet den Schwangeren Schmerzkatheter an. Es gibt zum Beispiel auch Interventionen für die Narkosen gebraucht werden, zum Beispiel Magenspiegelung bei bestimmten Patient:innen, da ist es nötig oder zum Beispiel auch MRTs bei Kindern. Das ist natürlich eine sehr laute Untersuchungen, die man als Erwachsener auch gut toleriert, außer man hat Platzangst, als Kind ist das aber häufig nicht so verständlich und deswegen werden auch häufig Narkoseärzte mit hinzugezogen, um die Kinder ein bisschen schlafen zu legen und das Ganze erträglicher zu machen.

Clara:
Hast du auch Sprechstunden?

Patrick:
Genau eine Sprechstunde in dem Sinne hat man auch und zwar ist es so dass vor jeder geplanten Operation jeder Patient oder jede Patientin einmal zu uns in die Anästhesie Sprechstunde kommt. Da führt man ein Gespräch, fragt nach Vorerkrankungen, nach Allergien, also versucht systematisch abzuklopfen: gibt es irgendwelche Risiken, auf die ich mich vorbereiten muss während der Narkose, sind besondere Maßnahmen nötig, ist zum Beispiel damit zu rechnen dass der Kreislauf, der Blutdruck Probleme macht, da gibt es ja durchaus Risikopatienten zum Beispiel mit Herz- oder Lungenvorerkrankungen und das versucht man einfach abzuklopfen in dieser Sprechstunde und sich dann darauf vorzubereiten, um eventuellen Risiken auch adäquat begegnen zu können.

Clara:
Da gibt es bestimmt auch viele, die einfach Angst vor der Operation haben. Da musst du bestimmt auch ein bisschen Seelsorge spielen, oder?

Patrick:
Auch das ist ein ganz wichtiger Punkt, denn niemand lässt sich ja gerne operieren und das wissen wir natürlich auch. Da versucht man natürlich auch den Patientinnen und Patienten eventuelle Fragen zu beantworten, auch gemeinsam das adäquate Narkoseverfahren zu finden, was dem Patienten auch am besten behagt, gegebenenfalls auch schon eine Beruhigungsmedikation vorneweg zu verordnen, falls Patienten wirklich starke Angst haben und ja einfach ein bisschen Beistand zu spenden, genau.

Clara:
Okay, dann kommen wir gleich einfach mal zur nächsten Frage, die kam von Neele.

Sprachnachricht 2:
Hey, ich bin Neele. Ich bin 25 und aus Berlin und ich hätte eine Frage und zwar würde mich interessieren, wie so dein, wie so ein typischer Tagesablauf von dir ist.

Patrick:
Also, der typische Tagesablauf wäre, dass ich morgens in den Operationstrakt gehe und dann bis nachmittags Narkosen mache. Das kann man eigentlich so zusammenfassen. Wenn man jetzt zum Beispiel im Dienst eingesetzt ist, also nachts in den Bereitschaftsdienst hat, dann fängt man bei uns im Haus mittags an, hilft dann so ein bisschen über den Tag, während der Tagdienst noch da ist einfach dort aus, wo Hilfe gebraucht wird, zum Beispiel in der Sprechstunde, falls ein paar mehr Patienten sind oder falls irgendwelche Notfälle zu versorgen sind und ab nachmittags und dann abends und nachts ist man dann mit einem Kollegen oder eine Kollegin im Haus und hält sich bereit falls noch irgendwas anfällt.

Clara:
Jetzt, wo du das so erzählst auch mit den Diensten, muss ich immer so an diese typischen Arztserien denken. Ist ja vielleicht auch ein bisschen Klischee: man schläft nicht, verdient nicht gut, Privatleben bleibt auch liegen, wie sieht das so aus?

Patrick:
Das ist sicherlich auch von Haus zu Haus ein bisschen unterschiedlich. Man merkt schon gerade am Anfang, dass die Dienste natürlich aufregend sind, dass es viel Neues ist, dass es viel Energie kostet, aber man entwickelt sich auch ganz schnell weiter und das macht ehrlicherweise auch eine ganze Menge Spaß muss man sagen.

Clara:
Ist ja vielleicht auch von Land zu Land unterschiedlich. Ich glaube in Deutschland ist das ja vielleicht auch ein bisschen anders geregelt, oder?

Patrick:
Ja, das habe ich jetzt nicht im Vergleich ins Ausland. Es gibt sicherlich auch in Deutschland Krankenhäuser, wo man da nochmal eine höhere Arbeitsbelastung hat, aber ja, die Unterschiede gibt es denke ich überall.

Clara:
Passend dazu haben wir eine weitere Frage aus der Community..

Sprachnachricht 3:
Hi, ich bin Pauline und mich würde mal total interessieren, was für dich denn eigentlich einen guten, aber auch einen schlechten Arbeitstag ausmacht.

Patrick:
Also, ein guter Arbeitstag ist für mich eigentlich der, an dem ich etwas Neues lernen konnte oder mich weiterentwickelt habe. Das ist natürlich am Anfang eine ganz breite Spanne an Sachen, die man nicht kann und in denen man sich weiterentwickeln kann, sei das rein in der Narkose, seien das solche regionalen Schmerzverfahren wie zum Beispiel Rückenmarksanästhesie oder die peripheren Nerven, z.B. am Bein oder am Arm. Da hat man natürlich extrem viel Potenzial, was zu lernen, und auch das kostet über den Tag viel Energie. Aber wenn ich dann nach Hause komme und merke, Mensch, heute habe ich etwas Neues gelernt und erfolgreich angewendet, das ist für mich durchaus ein positiver Arbeitstag. Genauso gibt es aber auch Arbeitstage, wo man vielleicht nach Hause kommt und das Gefühl hat, Mensch, heute ist mir vielleicht die Narkose, die ich heute gemacht habe, irgendwie ein bisschen entglitten. Ich war nicht gut darauf vorbereitet, habe vielleicht etwas übersehen. Man hat natürlich immer Hilfe zur Hand, die man sich da auch ganz niederschwellig rufen kann. Also, wir haben immer eine OP-Aufsicht bei uns im OP-Trakt, die keinen eigenen Operationssaal betreut, sondern immer zur Stelle ist, wenn irgendwo Hilfe gebraucht wird. Und auch das kommt mal vor, dass natürlich unerwartet etwas vorkommt, worauf man vielleicht am Morgen nicht vorbereitet war und wo man dann auch überfordert war. Aber auch das gehört dazu, denke ich.

Clara:
Ja, hast du da irgendwie so eine Erfahrung oder ein Erlebnis, was du damit direkt verbindest?

Patrick:
Hm, kein spezielles Erlebnis, aber es kommt schon durchaus mal vor, dass man vielleicht ein bisschen sorglos in die Narkose geht und dann auch durchaus ein bisschen auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wird. Denn auch trotz dessen, dass die Patientinnen und Patienten in der Sprechstunde kommen und wie sie abgefragt und abgeklopft werden, kann man trotzdem nicht in die Menschen reingucken und manchmal tragen sie doch Risikofaktoren oder Krankheiten mit sich herum, die sich während der Narkose dann doch stärker bemerkbar machen, als man das vielleicht erwartet hätte. Und wo man dann plötzlich drauf reagieren muss und das kann durchaus zu stressigen Situationen führen. Ich finde, auch darauf sollte man reagieren können. Das ist natürlich vom Gefühl her noch mal etwas anderes, als wenn man sich darauf vorbereiten konnte und schon vorher agiert hat.

Clara:
Jetzt hört man aus seinen Erzählungen auch raus, dass du schon relativ viel Verantwortung trägst, du bist ja Assistenzarzt. Wieviel Erfahrung hat oder braucht denn ein Assistenzarzt in der Anästhesie, um allein tätig sein zu können?

Patrick:
Da gibt es jetzt keinen festen Standard. Das entscheidet jedes Krankenhaus und jede Abteilung für sich selber. Es kommt natürlich auch immer auf den individuellen Menschen an, wie der sich so macht. Bei mir war es so: ich war ja als Student im praktischen Jahr schon in der Abteilung und bin dann sozusagen festangestellt wiedergekommen und hatte dann so ungefähr ein paar Monate Erfahrung. Am Anfang ist es so, dass man dann immer doppelt in einem OP-Saal mit einem erfahrenen Kollegen oder einer Kollegin geplant ist, die sozusagen immer neben einem steht, Tipps gibt und dir auf die Finger schaut und irgendwann wird das dann zunehmend aufgeweicht hin zu, dass dein Mentor oder eine Mentorin nur noch in den kritischen Situationen neben dir steht und wenn die Narkose erstmal läuft, zum Beispiel auch mal rausgeht und dich alleine lässt und so wird das dann sukzessive aufgebaut, so dass du mehr und mehr eigenständig arbeitest und irgendwann geht es dann dazu über, dass du geplant deinen eigenen Operationssaal mit den Narkosen betreust und dir nur noch bei Fragen oder Unsicherheiten oder für kritische Situationen deine OP-Aufsicht dazu rufst.

Clara:
Was sind denn so kritische Situationen?

Patrick:
Na vor allem am Anfang sind die kritischen Situationen der Beginn und das Ende der Narkose. Also ein Oberarzt von uns der vergleicht das gerne mit dem Flugzeug fliegen. Der Start und die Landung sind die kritischen Situationen und wenn das Flugzeug erst mal fliegt, dann entspannt sich so ein bisschen. Das ist natürlich auch nicht immer so, aber häufig ist das schon ganz passend und gerade die Einleitung, wenn man die Narkose beginnt, die Atemwegssicherung, also das Einführen von den Beratungsschlauch oder der Atemwegshilfe, das sind so Situationen oder Fähigkeiten, die natürlich am Anfang noch nicht so sicher funktionieren, wie bei einem fertigen Facharzt oder einer Fachärztin.

Clara:
Und jetzt sagst du währenddessen hat man dann so ein bisschen Zeit, da ist es ein bisschen entspannter, was machst du dann?

Patrick:
Naja, der Arztberuf lebt ja auch ein bisschen von der Dokumentation. Also das nimmt auf jeden Fall einen großen Teil während der Narkose ein. Man überlegt sich schon, welche Schmerztherapie möchte ich nach der OP dem Patienten verpassen. Das ist was, was man sich während der Narkose überlegt und dann schon anordnet für hinterher und nichtsdestotrotz ist während der Narkose auch die Überwachung der Vitalfunktionen ganz wichtig. Also viele Leute reagieren zum Beispiel mit Blutdruckschwankungen auf Narkose, man muss die Beatmung der Operationssituation anpassen, ja, bei größeren Operationen ist zum Beispiel auch das Blutmanagement wichtig, wenn der Patient oder die Patientin viel Blut verliert, dass das Intraoperativ ausgeglichen wird. Also das sind so die Aufgaben des Narkosearztes oder der Narkoseärztin und ja deswegen ist das Bild des Candy Crush spielenden Anästhesisten nicht immer ganz so gerechtfertigt.

Clara:
Ok, dann machen wir einfach gleich mal mit der nächsten Sprachnachricht weiter. Hören wir mal rein.

Sprachnachricht 4:
Hallo mein Name ist Theresa und ich wollte fragen: wenn etwas schiefläuft, machst du dich dann strafbar?

Patrick:
Genau, also, wenn ich eine Narkose mache, dann unterschreibe ich auch mit meinem Namen dafür und trage die Verantwortung dafür. Es ist so, wenn ich mutwillig den Patienten oder der Patientin schaden würde oder bewusst einen Fehler machen könnte, wo auch nachweisbar ist, das wäre mit meinem Wissensstand vermeidbar gewesen und ich habe das bewusst falsch gemacht, dann wäre ich auch strafbar dafür. Wenn es sozusagen eher Unwissen oder ja ein Fehler einfach gewesen ist, dann ist es auch so, dass ich ja immer noch eigentlich unter fachärztlicher Betreuung stehe auf dem Papier und dann sozusagen geguckt wird, Mensch, wer ist denn eigentlich für mich zuständig, warum hat er diesen Fehler gemacht, war er vielleicht nicht gut genug ausgebildet und dann sozusagen meine Vorgesetzten mit herangezogen werden. Aber meistens ist die Grenze für die eigene Strafbarkeit wirklich die Mutwilligkeit des Fehlers den man begeht.

Clara:
Ok, also weil du Assistenzarzt bist, stehst du quasi noch ein bisschen unter Schutz?

Patrick:
Genau, genau. Das ist ja auch das Schöne an der Anästhesie, dass man sich auch schnell und niederschwellig diese Hilfe holen kann. Ist natürlich aber auch wieder die nächste Frage, wenn ich einen Fehler mache und mir keine Hilfe geholt habe, werde ich natürlich auch gefragt: naja, warum haben sie sich denn keine Hilfe geholt, haben sie sich da überschätzt, dachten sie, sie können das? Also das sind so ein bisschen die Feinheiten des Ganzen, die dann aber vielleicht auch eher der Jurist klären muss.

Clara:
Du bist doch sicherlich auch versichert, oder?

Patrick:
Genau, man ist prinzipiell über den Arbeitgeber versichert, über die Arbeitsstelle. Also eine eigene Versicherung ist da eigentlich nicht nötig. Wenn ich jetzt sozusagen Nachbarschaftshilfe oder so leisten würde und da grobe Fehler machen würde und dann mein Nachbar oder meine Nachbarn auf die Idee kommen würde, mich zu verklagen dann wäre ich sozusagen nicht über den Arbeitgeber abgedeckt, aber alles, was innerhalb des Krankenhauses oder im Rahmen meines Berufes abläuft, dafür bin ich über den Arbeitgeber versichert.

Clara:
Also wenn du der Oma aus der Nachbarschaft helfen würdest, die würde dich jetzt fragen, ob du helfen kannst und du würdest ihr dann einen falschen Ratschlag geben, wie sieht das dann aus?

Patrick:
Genau, da würde mein Arbeitgeber dann die Finger von lassen, weil das ist ja sozusagen nicht im Rahmen meines Arbeitsverhältnisses passiert, sondern einfach eine private Entscheidung dann ist, da zu helfen und dann bin ich da auch selber für verantwortlich und müsste dann auch versicherungstechnisch mir eigene Lösungen suchen.

Clara:
Okay und wir haben noch eine weitere sehr schöne Frage aus der Community.

Sprachnachricht 5:
Hi, ich bin Shari, komme aus Potsdam, bin 26 Jahre alt und mich würde interessieren, was dich denn am meisten an deinem Beruf fasziniert.

Patrick:
Ich glaube an meinem Beruf fasziniert mich am meisten, dass es einfach so viele Dinge und Facetten gibt, in denen du dich weiterentwickeln kannst. Ich glaube gerade in der Anästhesie ist das ja am Anfang so, dass man ihn ganz viele Dinge lernen muss was die Narkose betrifft, also gerade in der Einleitung, wie du dosiere ich die Medikamente, welches Narkoseverfahren wähle ich überhaupt, wie nehme ich die Beatmung vor, wie überwache ich intraoperativ am besten, wie manage ich sozusagen die Narkose während der Operation und wie mache ich hinterher die Schmerztherapie. Und irgendwann merkt man dann „ok, jetzt hab ich schon ein bisschen meinen Fahrplan im Kopf“ und dann fängt man so ein bisschen an zu realisieren, dass in jeder Narkose, die man macht, da ja auch einfach ein Mensch liegt, für den das ja auch ein riesiger Stressfaktor ist, weil das für diesen Menschen, die eine Operation ist die jetzt durchgeführt wird. Und dann finde ich, kommt so ein ganz wichtiger neuer Part, in dem man sich nicht nur auf die Narkose, die man selber macht fokussiert, sondern auch den Menschen vielmehr anfängt mit zu betreuen und dem halt Trost spendet. Und das habe ich auch bei mir gemerkt, dass das am Anfang ein bisschen untergegangen ist, weil ich einfach so mit mir selber beschäftigt war und so auf die Narkose fokussiert war, aber auch das ist zum Beispiel ein ganz wichtiger Part, wo man auch ganz viel Entwicklungspotential hat, glaube ich den Menschen gutes Gefühl zu vermitteln, die Leute auch emotional mitzunehmen auf diesem Weg vor und nach der Narkose. Das ist natürlich die eine Sache, die Leute schmerzfrei zu bekommen, aber es ist auch eine ganz andere die Leute auch einfach angstfrei vor und nachher zu bekommen. Und dann kommt natürlich noch dazu, dass die Vollnarkose so die eine Sache ist und aber gerade so diese regionalen Anästhesieverfahren, wie zum Beispiel diese Schmerzkatheter bei den Schwangeren, die Rückenmarksnarkosen oder auch die peripheren Nervenblockaden einfach auch noch mal eine ganz andere Klasse sind. Also ein sehr praktischer Skill, den man dann lernt, die auch jeweils einfach viel Übung erfordern, wo man aber auch ganz schnell eine Lerngruppe merkt und dieses Potenzial, sich irgendwie in so vielen Facetten weiterzuentwickeln, macht mir echt jeden Tag Spaß.

Clara:
Das hört sich schön an. Ich muss jetzt nochmal nachhaken: also du machst nicht nur Vollnarkose, sondern es gibt auch Narkosen, wo du einfach „nur“ Schmerzen nimmst.

Patrick:
Genau, genau. Also der Klassiker ist zum Beispiel für die natürliche Geburt dieser Rückenmarkskatheter, wo man dann Schmerzmittel darüber geben kann, so dass die Geburt einfach ein bisschen schmerzärmer ist. Die wird ja nie schmerzfrei, aber zum schmerzärmer. Für den Kaiserschnitt macht man klassischerweise eine Rückenmarksnarkose oder sozusagen ab dem Bauch abwärts alles für ein paar Stunden betäubt ist und es gibt natürlich auch für verschiedene Operationen einfach Indikation, keine Vollnarkose zu machen, sondern regionale Betäubung, zum Beispiel für Eingriffe am Bein, wenn die Patienten schon ein bisschen kränker sind und vielleicht eine Vollnarkose nicht mehr so gut tolerieren. Dann macht man das auch gerne. Also prinzipiell versucht man immer, wenn es möglich ist, eine Vollnarkose zu umgehen und halt ein regionales Schmerzverfahren zu wählen, weil das einfach viel schonender für den Körper ist.

Clara:
Und quatscht du dann währenddessen mit den Patienten?

Patrick:
Also das ist eine Möglichkeit, manche Leute sagen auch sie möchten dann jetzt nicht mitbekommen wie da operiert wird und das ist ja auch ein bisschen Geräuschkulisse, die da stattfindet, dann kann man die auch ein bisschen schlafen lassen, so dahin dämmern lassen, ohne dass es jetzt eine richtige Vollnarkose ist. Manche wünschen sich auch ein bisschen Musik auf die Ohren und mit manchen unterhält man sich auch währenddessen bisschen, ja, das gibt es auch.

Clara:
Ich glaube ich wäre Fraktion Musik hören, wenn man das darf, das wusste ich gar nicht.

Patrick:
Wenn man sich die eigene Musik aussuchen kann, dann vielleicht ja.

Clara:
Also kann man seine eigenen Kopfhörer mitbringen?

Patrick:
Ne, wir haben da so Kopfhörer und so einen klassischen MP3-Player und ich hab mir die Playlist noch nicht selber angehört, aber die meisten finden das ganz in Ordnung. Clara Ich muss sagen, das hört sich wirklich so an, als ob der Anästhesist oder die Anästhesistin auch wirklich Einfluss haben, auch auf die seelische Verfassung. Ich denke da immer an eine Situation aus meiner Kindheit zurück, da stand ich auch vor einer Operation und die einzige Person, an die ich mich erinnern kann, ist der Anästhesist. Das ist so das letzte Gesicht, was ich so vor Augen habe und das war eine total schöne Begegnung. Der hat mir gesagt, er legt mich jetzt gleich schlafen und er fängt meinen Kopf auf und das hat die ganze Operation irgendwie so beruhigend gemacht.

Clara:
Ja, ein Danke an alle Anästhesisten und Anästhesistinnen. Jetzt haben wir noch eine letzte Frage, zum Abschluss, die uns alle brennend interessiert: Spielen alle Ärzte Golf?

Patrick:
(lacht) Nicht alle. Kann man ganz klar so beantworten. Nein, also ich habe jetzt keine genauen Zahlen im Kopf, ob es da eine genaue Häufung unter der Ärzteschaft gibt in Sachen Golf spielen. Ich würde jetzt auch lügen, wenn ich sagen würde, dass ich niemanden kenne, der Golf spielt in meinem Umfeld, aber ich denke, die Sportarten, die ausgeübt werden unter der Ärzteschaft, die variieren doch ganz häufig und da ist man jetzt nicht nur unter Golfspielern

Clara:
Ist ja vielleicht auch wichtig irgendwie so einen Ausgleich in der Freizeit zu dem anstrengenden Beruf zu finden.

Patrick:
Das auf jeden Fall!

Clara:
Wow, also danke für die ganzen Einblicke, Patrick. Danke, dass du dir die Zeit heute genommen hast. Es war mir eine Freude!

Patrick:
Mir auch, vielen Dank. Tschüss!

Clara:
Und wir werfen nochmal einen kurzen Blick zurück. Fachärzte und Ärztinnen der Anästhesie und Intensivmedizin werden allgemein auch als Narkose. Sie begleiten ihre Patientinnen und Patienten durch den Prozess vor, während und nach der Operation. Einen großen Teil der Arbeitsstellen natürlich die Narkosen dar und auch die Überwachung während der Operation, nämlich zum Beispiel die Beatmung zu überwachen, aber auch den Kreislauf und den Blutdruck, zum Beispiel. Zum Aufgabenbereich gehört aber auch die Intensivmedizin. In der Intensivmedizin entscheiden die Anästhesistin und Anästhesistinnen auf der Intensivstation, wie Patienten und Patientinnen zum Beispiel überwacht werden müssen, welche Zugänge gelegt werden müssen oder wann diese wieder auf eine Normalstation verlegt werden können. Es gibt aber auch noch weitere Bereiche, in denen die Anästhesisten und Anästhesistinnen tätig sind. Nämlich zum Beispiel in der Schmerzmedizin. Hier betreuen sie vor allem komplexe Schmerzpatienten. zum Beispiel, wenn Menschen sehr starke oder chronische Kopfschmerzen haben, Rückenschmerzen, Phantomschmerzen. Die Palliativmedizin ist ein weiterer Bereich, in dem häufig ausgebildete Anästhesistinnen und Anästhesisten arbeiten und sich hier weiter spezialisiert haben. In der Palliativmedizin hilft man Patientinnen und Patienten, die sehr schwere Erkrankungen haben und die keine Aussicht auf Heilung haben. Dort versucht der Arzt oder die Ärztin vor allem Beschwerden und Schmerzen zu lindern und größtmögliche Lebensqualität zu erhalten. Ein weiterer Bereich, in dem viele Anästhesisten und Anästhesistinnen arbeiten, ist die Notfallmedizin. Hier sind sie häufig die Notärzte und Notärztinnen, die direkt am Einsatzort gebraucht werden. Was den Beruf, neben den spannenden Aufgaben, natürlich auch sehr attraktiv macht, ist das Gehalt. Als Assistenzarzt kann man im Laufe der 6 Jahre Ausbildung bis zu 6500€ pro Monat verdienen und da ist ja noch nicht vorbei, wenn man dann nämlich eine Ausbildung zum Facharzt macht und auch noch weiter als Oberarzt oder Chefarzt arbeitet, geht das Gehalt noch deutlich darüber hinaus. Dafür muss man aber auch einige Dinge in Kauf nehmen. Zum Beispiel Schichtarbeit, also auch nachts arbeiten und, dass man auch mal auf Abruf sein muss. Zudem bekommt man natürlich auch einige Lebensschicksale mit, darauf muss man vorbereitet sein. Aber im Bestfall kann man Menschen helfen. Und wenn dich das jetzt richtig überzeugt hat, dann wartet das Medizinstudium auf dich. Dafür braucht man auf jeden Fall ein sehr gutes Abitur oder du hast gegebenenfalls eine Ausbildung zur Krankenschwester oder zum Rettungssanitäter oder -sanitäterin gemacht. Wenn du Arzt oder Ärztin werden möchtest, dann gibt es auf jeden Fall leider keine Quereinsteiger, also du kommst um das Medizinstudium nicht drum herum. Aber da hat ja Patrick schon ein bisschen was erzählt und ich finde, das hört sich richtig aufregend an. Ich fand das Gespräch heute auf jeden Fall ziemlich spannend und hab einiges gelernt. Vor allem, dass Anästhesisten und Anästhesistinnen eben nicht nur die Menschen sind, die man vor der Narkose als letztes sieht. Und an alle Hörerinnen und Hörer, ich hoffe, dass es euch gefallen hat. Teilt und abonniert diesen Podcast und seid gespannt auf die nächste Folge, denn da haben wir Clemens zu Besuch. Er ist Physiker und wird uns Rede und Antwort stehen. Alle Infos dazu findet ihr in der Beschreibung der Podcast Folge und das war's von uns. Tschüss und bis zum nächsten Mal!